Mit Nanopartikeln gegen Krebs - aber sicher!

Projekt „Toxikologie von Nanopartikeln für die Krebstherapie“

Projektlaufzeit

Dezember 2012 bis März 2015

Zielsetzung

Nanopartikel als Magnetische Drug Targeting gegen Tumor

Nanomaterialien gewinnen in der Medizin immer mehr an Bedeutung. Nanopartikel haben außergewöhnliche physikalische und chemische Eigenschaften im Vergleich zu nicht-nanoskaligen Materialien derselben chemischen Zusammensetzung. Nanopartikel werden derzeit in verschiedenen Tierversuchen oder klinischen Studien im Hinblick auf neuartige Diagnostika und Therapeutika erforscht. Eine vielversprechende Anwendungsmöglichkeit von Nanopartikeln ist das sogenannte „Magnetische Drug Targeting“, das in der Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Sektion für Experimentelle Onkologie und Nanomedizin (SEON), am Universitätsklinikum Erlangen unter der Leitung von Prof. Dr. med. Christoph Alexiou durchgeführt wird.

Dabei handelt es sich um den gezielten Transport von Wirkstoffen zu bestimmten Orten, wie beispielsweise zu Tumoren. Eisenoxid-Nanopartikel, an die ein Chemotherapeutikum gebunden ist, werden über die Blutbahn mit einem starken Magneten gezielt in die Tumorregion gezogen. Auf diese Weise erreicht man hohe lokale Konzentrationen des Wirkstoffs in der Tumorregion, während der restliche Körper geschont wird. Im Tiermodell zeigten sich bereits hervorragende Ergebnisse. Dennoch ist bei dieser innovativen und erfolgversprechenden Therapieform vieles an biologischen Wechselwirkungen noch unklar.

Mit dem Forschungsprojekt sollen nun umfangreiche und systematische toxikologische Untersuchungen für medizinisch einsetzbare Nanopartikel etabliert werden, um die Risiken für den jeweiligen Verwendungszweck bestimmen zu können. Die Risikobewertung medizinischer Nanopartikel unterscheidet sich dabei grundsätzlich von der technischer Nanopartikel. Nanopartikel für die medizinische Anwendung müssen zunächst umfassend hinsichtlich ihrer Größe, Form, chemischen Zusammensetzung und Oberflächenbeschichtung charakterisiert und standardisiert werden. Dann folgen toxikologische Analysen in Laborversuchen mit Zellen außerhalb des Organismus. Dabei ergeben sich unter anderem folgende Fragestellungen: Werden Nanopartikel von Zellen aufgenommen? Wird die Zellvitalität durch Nanopartikel verringert? Werden DNA und Zellteilung beeinflusst? Ab welcher Nanopartikel-Konzentration treten derartige Effekte auf? Wenn diese Fragen geklärt sind, sollen die Bioverteilung und der Abbau bzw. die Ausscheidung der Nanopartikel untersucht werden.

Diese Untersuchungen werden in einer neuen interdisziplinären Arbeitsstruktur am Universitätsklinikum Erlangen durchgeführt. Am Ende der Förderperiode sollen erste Handhabungsvorgaben zur Erstellung von Risikoprofilen von Nanopartikeln für medizinische Anwendungen erbracht sein.

Ergebnisse

Die Anwendung von Nanopartikeln für die Behandlung, Diagnose, Überwachung und Kontrolle von Krankheiten wird allgemein unter dem Begriff „Nanomedizin“ zusammengefasst. Nanopartikel bieten vielversprechende Anwendungsmöglichkeiten in der Medizin und speziell magnetische Eisenoxid-Nanopartikel können als Kontrastmittel, magnetische Transportsysteme oder Wärmeträger in der sogenannten Hyperthermiebehandlung eingesetzt werden.

Die Sektion für Experimentelle Onkologie und Nanomedizin (SEON) der HNO-Klinik des Universitätsklinikums Erlangen arbeitet an der Entwicklung/Optimierung von superparamagnetischen Eisenoxidnanopartikeln (SPIONs) als „Nanofähren“ für diverse medizinische Wirkstoffe. So können diese unter Einfluss eines externen magnetischen Feldes zielgerichtet an ihren jeweiligen Wirkort gebracht werden, während der Rest des Körpers vor den medikamentösen Nebenwirkungen verschont wird.

Um diese Methode zukünftig auch am Menschen einsetzen zu können, müssen zunächst umfassende präklinische giftkundliche (toxikologische) Untersuchungen durchgeführt werden, um jegliche Gefährdung für den Menschen durch die zu verwendenden Nanopartikelsysteme auszuschließen. Herausforderung in der Analyse von Nanopartikeln ist deren Wechselwirkung mit gängigen toxikologischen Nachweismethoden. Daher ist es erforderlich, toxikologische Testsysteme zu etablieren, die an die speziellen Beschaffenheiten von Nanopartikeln angepasst sind.

In dem vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz finanzierten Forschungsprojekt wurden verschiedene Testverfahren etabliert, um magnetische Nanofähren für einen möglichen klinischen Einsatz am Menschen toxikologisch näher zu untersuchen. Unter Einsatz eines breiten und modernen Methodenspektrums ist es SEON gelungen, zwei neue Eisenoxid-basierte Nanopartikelsysteme (SPIONs stablisiert mit Albumin bzw. Dextran jeweils mit modifizierbarer Wirkstoffbeladung) zu entwickeln und deren toxikologische Eignung in verschieden Zellsystemen zu zeigen (1,2). Dabei wurde auch eine Methode erarbeitet, die es erstmals ermöglicht, die Aufnahme von Nanopartikeln in Zellen durchflusszytometrisch zu quantifizieren (3). Insgesamt wurden mehrere reproduzierbare Testverfahren für medizinische Nanopartikel erfolgreich etabliert (4,5). Mit dieser Testbatterie können verschiedene toxikologische Endpunkte (u. a. Apoptose, Nekrose, Zellzyklus-Arrest, mitochondriales Membranpotential) in zwei- und dreidimensionalen Zellsystemen gleichzeitig getestet werden (Abbildung 1).

Insgesamt stehen die toxikologischen Methoden nun als gut etablierte valide Plattformtechnologie für die Analyse diverser unterschiedlicher Nanopartikel (z. B. auch technischer oder umweltrelevanter Nanopartikel) zur Verfügung. So wurden in Kooperation mit dem Projektverbund „Umweltverträgliche Anwendungen der Nanotechnologie“ UMWELTnanoTECH bereits Untersuchungen durchgeführt.

Die Kombination komplementärer Techniken ermöglicht eine umfassende Analyse der Nanopartikel-induzierten Zytotoxizität.

Abbildung 1: Die Kombination komplementärer Techniken ermöglicht eine umfassende Analyse der Nanopartikel-induzierten Zytotoxizität.

Die gewonnenen Ergebnisse wurden auf verschiedenen nationalen und internationalen Fachtagungen präsentiert und mit mehreren Preisen (3 Posterpreise, sowie ImmunoTools Special Award 2013) ausgezeichnet. Es wurden zahlreiche Veröffentlichungen mit Bezug zum Forschungsvorhaben publiziert.
Detaillierte Informationen zu den Ergebnissen des Projektes finden Sie hier (Auswahl an Veröffentlichungen):

(1)
Development of a lauric acid/albumin hybrid coated iron oxide nanoparticle system with improved biocompatibility. Zaloga J, Janko C, Nowak J, Matuszak J, Knaup S, Eberbeck D, Tietze R, Unterweger H, Friedrich RP, Heimke-Brinck R, Reuter E, Cicha I, Dörje F, Odenbach S, Lyer S, Lee G, Alexiou C.; Int J Nanomedicine 2014;9(1): 4847–4866
(2)
Development and characterization of magnetic iron oxide nanoparticles with cisplatin-bearing polymer coating for targeted drug delivery. Unterweger H, Tietze R, Janko C, Zaloga J, Dürr S, Taccardi N, Goudouri M, Hoppe A, Boccaccini AR, Eberbeck D, Schubert DW, Alexiou C; Int J Nanomedicine. 2014 Aug 5;9:3659-76
(3)
Flow cytometry for intracellular SPION quantification: Specificity and sensitivity in comparison with spectroscopic methods. Friedrich RP, Janko C, Poettler M, Tripal P, Zaloga J, Cicha I, Dürr S, Nowak J, Odenbach S, Slabu I, Liebl M, Trahms L, Stapf M, Hilger I, Lyer S, Alexiou C. Int J Nanomedicine. 2015 Jun 26;10: 4185-201
(4)
Treatment Efficiency of Free and Nanoparticle-Loaded Mitoxantrone for Magnetic Drug Targeting in Multicellular Tumor Spheroids. Hornung A, Poettler M, Friedrich RP, Zaloga J, Unterweger H, Lyer S, Nowak J, Odenbach S, Alexiou C, Janko C. Molecules 2015, 20, 18016-18030
(5)
Genotoxicity of superparamagnetic iron oxide nanoparticles in granulosa cells. Pöttler M, Staicu A, Zaloga J, Unterweger H, Weigel B, Schreiber E, Alexiou C, Hofmann S, Wiest I, Jeschke U, Janko C; Int. J. Mol. Sci. 2015, 16, 26280–26290

Weitere Informationen

Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Kopf- und Halschirurgie am Universitätsklinikum Erlangen
Sektion für Experimentelle Onkologie und Nanomedizin (SEON)
Prof. Dr. med. C. Alexiou
Glücksstraße 10, 91054 Erlangen
Tel.: 09131-85-34769, Fax: 09131-85-34828
http://www.hno-klinik.uk-erlangen.de/seon-nanomedizin/

Weiterführende Literatur:
Alexiou, C.: Nanomedizin – Innovative Anwendungen in der Medizin. HNO, 2012
DOI 10.1007/s00106-012-2562-6

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