Rechtsgrundlagen

Empfehlung der Europäischen Kommission

Europäische Flaggen

Nanomaterialien werden nicht über eine eigene Rechtsvorschrift reguliert. Stattdessen finden sich spezifische Anforderungen an Nanomaterialien in den unterschiedlichsten Rechtsvorschriften, von der Kosmetik- über die Biozidverordnung, das Lebensmittelrecht bis hin zur Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH).

Tabelle 1: Auflistung wichtiger EU-Verordnungen für die Anwendung von Nanomaterialien
Verordnung Nummer
REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006
REACH-Verordnung (EG) Nr. 2018/1881*
Biozidverordnung (EU) Nr. 528/2012
Lebensmittelinformationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011
Novel-Food-Verordnung (EU) Nr. 2015/2283
Lebensmittelzusatzstoffverordnung (EG) Nr. 1333/2008
Lebensmittelzusatzstoffverordnung (EU) Nr. 2022/63**
Kosmetikverordnung (EG) Nr. 1223/2009

*: Änderung der Anhänge I, III, VI, VII, VIII, IX, X, XI und XII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006.
**: Änderung der Anhänge II und III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des Lebensmittelzusatzstoffs Titandioxid (E 171).

Definition von Nanomaterialien

Grundlage für eine Rechtsetzung sind entsprechende Definitionen. Am 10. Juni 2022 veröffentlichte die EU-Kommission ihre aktualisierte Empfehlung zur Definition von Nanomaterialien (2022/C 229/01), die die bisher maßgebliche Empfehlung vom 18. Oktober 2011 (2011/696/EU) ablöst:
„Nanomaterial“ ist demnach ein natürliches, bei Prozessen anfallendes oder hergestelltes Material, das aus festen Partikeln besteht, die entweder eigenständig oder als erkennbare konstituierende Partikel in Aggregaten oder Agglomeraten auftreten, und bei dem mindestens 50 % dieser Partikel in der Anzahlgrößenverteilung mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllen:

  1. ein oder mehrere Außenmaße der Partikel liegen im Größenbereich von 1 nm bis 100 nm;
  2. die Partikel haben eine längliche Form wie z. B. Stab, Faser oder Röhre, wobei zwei Außenmaße kleiner als 1 nm sind und das andere Außenmaß größer als 100 nm ist;
  3. die Partikel haben eine plättchenartige Form, wobei ein Außenmaß kleiner als 1 nm ist und die anderen Außenmaße größer als 100 nm sind.

Ein Agglomerat ist eine Ansammlung schwach gebundener Partikel oder Aggregate, in der die resultierende Oberfläche ähnlich der Summe der Oberflächen der einzelnen Komponenten ist. Ein Aggregat besteht aus fest miteinander verbundenen oder verschmolzenen Partikeln. Partikel sind sehr kleine Materialteilchen mit definierten physikalischen Grenzen, wobei Einzelmoleküle nicht als Partikel betrachtet werden. Bei der Bestimmung der Anzahlgrößenverteilung der Partikel müssen Partikel mit mindestens zwei orthogonalen Außenmaßen von mehr als 100 μm nicht berücksichtigt zu werden. Ein Material mit einer auf das Volumen bezogenen spezifischen Oberfläche von weniger als 6 m2/cm3 gilt jedoch nicht als Nanomaterial.

Die Empfehlung zur Definition von Nanomaterialien hat keine direkte Rechtswirkung, jedoch werden die Mitgliedstaaten, EU-Agenturen und Wirtschaftsteilnehmer aufgefordert, bei der Annahme und Durchführung von Rechtsvorschriften, dieser Empfehlung zu folgen. Je nach Ausgestaltung können sich einzelne Rechtsvorschriften, die in Tabelle 1 gelistet sind, noch auf der alten Empfehlung von 2011 beziehen.

Die Nanotechnologien entwickeln sich dank enormer Innovationsschübe sehr schnell. Technologische Innovationen können allerdings auch unerwartete, möglicherweise nachteilige Konsequenzen mit sich bringen. Im Bereich der Nanotechnologien ist klar, dass deren Entwicklung und Anwendung derzeit noch mit Wissenslücken und Unsicherheiten bezüglich der Risiken für Gesundheit und Umwelt verbunden sind. Im Sinne des Vorsorgeprinzips werden Standards, Normen und Regeln entwickelt, um die neuen Eigenschaften von Nanomaterialien zu berücksichtigen. Industrieverbände stellen zum Beispiel zusammen mit Behörden freiwillige Verhaltensregeln für einen sicheren Umgang mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz auf.

Das Umweltbundesamt stellt in seinem Hintergrundpapier vom Mai 2016 den derzeitigen Wissensstand zu Umweltverhalten und -wirkung von Nanomaterialien dar. Der Bericht adressiert regulierungsübergreifende Aspekte wie die Definition, die Charakterisierung und die Risikobewertung von Nanomaterialien und beschreibt den aktuellen Umgang mit Nanomaterialien in den bestehenden stoffrechtlichen Verfahren sowie den vollzugsspezifischen Anpassungsbedarf.

 

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